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Was es nicht schon alles gibt

Rede, anlässlich der Ausstellungseröffnung „Turteltaub Cartoons & Strips“
in der Kulturkneipe Passmanns in Bottrop am 17. Oktober 2010
von Daniel Drewes



Was es nicht schon alles gibt:
Es gibt eine Maus die sich einen Hund hält, der nach einem Planeten benannt ist.

Einen alleinerziehenden Enterich in einem Matrosenanzug, der mit seinen 3 Neffen unter einem Dach wohnt. Und eigenartigerweise noch nie vom Jugendamt Entenhausen diesbezüglich einen Besuch abgestattet bekam.

Es gibt einen Kater, der in einem italienischen Restaurant geboren wurde, Montage hasst, jedoch Lasagne liebt. Das jähe Ende, dieses, endlich an Herzverfettung zu Grunde gehenden Viechs, wurde bisher leider den geneigten Lesern vorbehalten.

Es gibt einen Köter, genauer gesagt, einen Beagle, der faul auf dem Dach seiner Hundehütte liegt, und dummes philosophisches Zeug von sich gibt, über das sich nur Deutschlehrer und Freunde von politischem Kabarett in Beifallstürmen ergehen dürften.

Und es gibt schon wieder einen Hund, der mit seinem Herrchen Tim, einem belgischen Reporter durch die Welt reist. In einer politisch brisanten, wie umstrittenen Ausgabe von … Französischlehrer aufgepasst: „Les Aventures des Tintin“, begleitet der Leser, die beiden Langweiler in den Kongo, wo sie ein Nashorn mit Dynamit in die Luft sprengen und einem Elefanten das Elfenbein aus dem lebendigen Körper reißen. Nur um zuhause in Belgien zu sagen: „Guck mal Struppi, ich habe im Kongo einem Elefanten einen Stosszahn aus dem lebendigen Körper gerissen!“

Es gibt einen Mann, der um 50 v. Chr. als Kind in einen Zaubertrank gefallen ist. Der einen Freund hat, der um die Hälfte kleiner ist als er. Und wie sollte es anders sein, natürlich auch einen Hund hat, der jedoch zum Glück ausnahmsweise nicht sprechen kann.

All das gibt es schon ... all diese Figuren, die uns und der Gesellschaft in der wir Leben unser wahres Gesicht zeigen. Die spielerisch, in Bildern und kleinen Geschichten, mit belehrender Absicht, einer Fabel gleich, menschliche Eigenschaften aufdecken und dem Leser allgemein, moralisch den Spiegel vorhalten. All das gibt es schon. Ganz Deutschland ist von Disneyland besetzt. Ganz Deutschland? Nein ...

… denn es gibt noch ein Tier, das geduldig auf dem Vordach des Hauses einer Wohnsiedlung sitzt und ruhig auf seinen Auftritt wartet.

„Gurr, Gurr, Gurr“.

Unter ihm hat gerade der Nachbar seinem BMW 350i eine Unterbodenwäsche gegönnt und macht sich nun mit Polierwachs und Tuch an eine sehr mühselige Arbeit. Die Türen seines, schon bald glattpolierten, ganzen Stolzes sind weit aufgerissen. Aus dem Autoradio dröhnt die vertraute Stimme von Werner Hansch: „… die fleißigen Bienchen aus Dortmund liegen 2:1 zurück.“

Es ist ein schöner, ein warmer, später Samstagnachmittag in Bottop. Unser Tier auf dem Vordach genießt die müden Sonnenstrahlen, die sich schon bald hinter den Dächern der Stadt verkriechen werden. Der warme Wind streicht durch sein Gefieder. Und immer wieder schaut es hinunter auf den emsigen Menschen, der sich gerade mit leicht kreisenden Bewegungen seiner Motorhaube widmet. Bald schon wird sein Werk vollbracht sein.
Noch während der Nachbar, mit seinem Eimer in der Hand, einen letzten Inspektionsrundgang um sein tadelloses Glanzstück macht, hören wir die bekannte Melodie vom Vordach.

„Gurr, Gurr, Gurr“

Mittlerweile haben sich mehrere Tiere auf dem Dach versammelt. Der Nachbar, stellt das Radio ab und schließt sanft die Türen. Gleich lässt er den Motor an und fährt den BMW zurück in die sichere Garage. Mutti hat schon das Essen auf dem Tisch.

„Gurr, Gurr, Gurr“.

Gerade, als der angelassene Motor ein Lächeln auf das Gesicht des Nachbarn zaubern will, verirrt sich eine Eintagsfliege direkt vor ihm auf die Windschutzscheibe. Wütend steigt der Nachbar aus, er tobt und holt den bereits weggeräumten Auto-Staubsauger aus der Garage … Jetzt nur keine Flecken mehr!

„Gurr, Gurr, Gurr“.

Das Gurren wird lauter. Die Tiere werden unruhig und steigen in die Luft. Sie kreisen wie Geier über den frisch gewachsten BMW.
Als der Nachbar sich fluchend vom Auto entfernt ist es soweit. Etwas trifft ihn an der rechten Schulter… Patsch … Er hat kaum Zeit nachzudenken, da hört er ein Prasseln auf seinem Autodach. Noch bevor er sich umdreht hören wir den Unwissenden sagen:

„Dat is wieder typisch … kaum ist der Wagen sauber, fängt dat am regnen an!“

Doch als es plötzlich wieder still wird und die Tiere sich verzogen haben, dreht er sich zu seinem Auto um. Der blaue Himmel über ihm. Erstarrt öffnet er den Mund und fällt in eine erlösende Ohnmacht.

Diese ist nur eine Geschichte von vielen die uns Torsten Kyon in seinen Comics erzählt. Und es gibt zum Glück noch viel mehr zu entdecken.
Über ein Tier, das keine Lobby hat. Das mit einem Bein in der Suppe steht, dessen Kot in Innenstädten gefürchteter ist als Autosmog. Das hartnäckig ist, sich durchkämpfen kann, immer nach Hause findet und in allen erdenklichen Grauschattierungen genauso zum Ruhrgebiet gehört, wie die Menschen hier. Ehrlich und direkt und mit einer Vorliebe für die einfachen, für die schönen Dinge des Lebens. Und sei es nur einem BMW Fahrer aufs Autodach zu scheißen.


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Termine

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06.01.18, 09 - 17:30 Uhr
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